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(Text nach "In unum congregati", Mitteilungen der österreichischen Chorherren-Kongregation, 1981, Heft 4;)

Vor allem, liebe Brüder, soll Gott geliebt werden, sodann der Nächste; denn das sind die Hauptgebote, die uns gegeben sind.

I. WESEN UND ZIEL DES GEMEINSAMEN LEBENS

  1. Folgendes schreiben wir euch im Kloster vor:
  2. Das Erste, warum ihr in Gemeinschaft zusammenlebt, ist, einmütig im Haus zu wohnen, und ein Herz und eine Seele zu sein auf Gott hin. Gütergemeinschaft
  3. Nennt nichts euer Eigentum, sondern alles gehöre euch gemeinsam. Jedem werde von eurem Vorsteher Nahrung und Kleidung zugeteilt, nicht jedem in gleicher Weise, weil ihr nicht alle zum gleichen fähig seid, sondern einem jeden, wie er es nötig hat. Denn so lest ihr in der Apostelgeschichte: , "Sie hatten alles gemeinsam, und jedem wurde zugeteilt, was er nötig hatte."
  4. Die in der Welt Besitz hatten, sollen ihn bei ihrem Eintritt ins Kloster gern der Gemeinschaft überantworten.
  5. Die aber in der Welt nichts hatten, sollen im Kloster nicht das suchen, was sie draußen nicht haben konnten. Es soll ihnen vielmehr zugeteilt werden, was sie in ihrer Schwachheit brauchen, auch wenn sie in der Welt so arm waren, dass sie nicht einmal das Lebensnotwendige finden konnten. Sie sollen sich aber nicht schon deshalb glücklich schätzen, weil sie Nahrung und Kleidung bekommen, die sie draußen nicht finden konnten. Demut als Voraussetzung brüderlichen Zusammenlebens
  6. Sie sollen auch nicht überheblich werden, weil sie mit Leuten zusammenleben, denen sie sich draußen nicht zu nahen wagten. Sie sollen vielmehr ihr Herz erheben und nicht wertlose, irdische Dinge suchen. Sonst würden die Klöster den Reichen nützen, nicht den Armen, wenn darin die Reichen demütig, die Armen aber aufgeblasen würden.
  7. Andererseits sollen sich die in der Welt Angesehenen nicht der Mitbrüder schämen, die aus ärmlichen Verhältnissen zu dieser heiligen Gemeinschaft gekommen sind. Sie sollen mehr darauf bedacht sein, sich der Gemeinschaft mit armen Mitbrüdern als ihrer reichen Verwandten zu rühmen. Sie sollen sich nicht überheben, wenn sie von ihrem Vermögen der Gemeinschaft etwas beigesteuert haben, und sich nicht mehr darauf einbilden, dass sie ihren Reichtum dem Kloster überantworten, als wenn sie ihn in der Welt genießen könnten. Denn jede andere Sünde wird in schlechten Werken geübt; der Stolz dagegen droht selbst die guten zu vernichten. Was nützt es denn, sein Vermögen an die Armen zu verteilen und selbst arm zu werden, wenn die elende Seele in der Verachtung des Reichtums hochmütiger wird als vorher in seinem Besitz?
  8. Lebt also alle eines Herzens und Sinnes miteinander und ehrt in euch gegenseitig Gott, dessen Tempel ihr seid.

II. GEBET

  1. Dem Gebet obliegt mit Eifer zu den festgesetzten Stunden und Zeiten!
  2. Im Oratorium soll jeder nur das tun, wozu es bestimmt ist, woher es auch den Namen hat. Sonst würden jene, die vielleicht außerhalb der festgesetzten Stunden in ihrer freien Zeit beten wollen, von denen gestört, die glauben, dort etwas anderes tun zu müssen.
  3. Wenn ihr in Psalmen und Hymnen zu Gott betet, soll das euer Herz bewegen, was euer Mund ausspricht.
  4. Singt nur das, was zum Singen bestimmt ist! Was aber nicht zum Singen geschrieben ist, soll auch nicht gesungen werden.

III. ESSEN UND FASTEN

  1. Haltet euren Leib in Zucht durch Fasten und Enthaltung von Speise und Trank, soweit es die Gesundheit erlaubt! Wenn aber einer nicht fasten kann, soll er wenigstens außerhalb der Mahlzeiten keine Nahrung zu sich nehmen, es sei denn, er wäre krank.
  2. Wenn ihr zu Tisch geht, hört, bis ihr davon aufsteht, ohne Lärm und Streit an, was euch üblicherweise vorgelesen wird! Nicht allein euer Mund soll Speise zu sich nehmen, sondern auch eure Ohren sollen hungern nach dem Wort Gottes?
  3. Wenn solche, die wegen ihrer früheren Lebensweise schwächer sind, in der Ernährung anders gehalten werden, sollen das die anderen, die infolge einer anderen Lebensweise stärker sind, nicht übelnehmen oder ungerecht finden. Sie sollen jene nicht für glücklicher halten, weil sie mehr bekommen, sondern vielmehr froh sein, weil sie vermögen, wozu jene nicht die Kraft haben.
  4. Wenn solchen, die aus verwöhnteren Lebensverhältnissen ins Kloster kommen, etwas mehr an Nahrung, Kleidung, Betten und Decken gegeben wird als den anderen, Stärkeren und deshalb Glücklicheren, sollen diese bedenken, welchen Abstieg für jene der Übergang vom Weltleben zur jetzigen Lebensweise bedeutet, wenn sie es auch nicht bis zur Anspruchslosigkeit der körperlich Stärkeren bringen können. Es sollen auch nicht alle das bekommen wollen, was ein paar als Zugeständnis, nicht aus Bevorzugung, zusätzlich bekommen. Sonst käme es zu dem verwerflichen Widersinn, dass im Kloster die Reichen sich nach Kräften abmühen, die Armen aber verwöhnt werden.
  5. Kranke müssen freilich weniger bekommen, um ihnen keine Beschwerden zu verursachen. Nach der Krankheit aber müssen sie so behandelt werden, dass sie sich möglichst schnell erholen, auch wenn sie in der Welt in äußerster Armut gelebt haben. So gestattet ihnen jetzt gewissermaßen die Krankheit das, was den Reichen vorher ihre Lebensart verschaffte. Wenn sie aber wieder zu Kräften gekommen sind, sollen sie zu ihrer glücklicheren Lebensart zurückkehren. Denn den Dienern Gottes steht es gut an, möglichst wenig zu brauchen. Wenn sie wieder gesund sind, soll sie das Verlangen nicht auf der Stufe festhalten, auf der sie in ihrer Krankheit notwendigerweise waren. Als die Reicheren sollen sich jene fühlen, die leichter mit wenigem auskommen können; denn es ist besser, wenig zu brauchen, als viel zu haben.

IV. VERHALTEN AUSSERHALB DES KLOSTERS

  1. Euer Gehaben soll nicht auffällig sein! Legt keinen Wert darauf, durch eure Kleidung zu gefallen, vielmehr durch euer Leben!
  2. Wenn ihr ausgeht, geht miteinander! Wenn ihr an das Ziel eures Weges kommt, bleibt beisammen!
  3. Im Gehen und Stehen, in all euren Bewegungen, soll nichts vorkommen, was bei jemandem Anstoß erregen könnte; sondern alles soll eurem heiligen Stand entsprechen.
  4. Wenn euer Blick auf eine Frau fällt, soll er nicht auf ihr haften bleiben. Es ist euch nicht verboten, beim Ausgehen Frauen anzuschauen; aber sie begehren oder von ihnen begehrt werden wollen, ist schuldhaft. Nicht allein durch Berühren oder Verlangen, sondern auch im Anschauen zeigt sich die Begierde nach Frauen. Sagt nicht, euer Herz sei rein, wenn euer Blick unrein ist; denn ein schamloser Blick verrät das unreine Herz. Wenn sie nun im Wechsel der Blicke, selbst ohne Beteiligung der Zunge, ihr unreines Herz verraten und infolge fleischlicher Begierde in Leidenschaft zueinander entbrennen, ist es um die Keuschheit schon geschehen, auch wenn die körperliche Unversehrtheit nicht verletzt wird.
  5. Wer seinen Blick auf eine Frau heftet und es gern hat, wenn auch sie den ihren auf ihn heftet, der glaube nicht, er bleibe dabei unbeobachtet. Er wird überall gesehen, und gerade von Leuten, an die er gar nicht denkt. Mag es aber auch völlig geheim geschehen und von niemandem gesehen werden, was will er denn gegenüber jenem Beobachter von oben tun, dem nichts verborgen bleiben kann? Soll man glauben, er sehe es nicht, weil seine Geduld ebenso groß ist wie seine Weisheit? Ihm zu missfallen fürchte sich also der Gottgeweihte; dann wird er auch nicht eine Frau in schlechter Weise zu gefallen suchen. Er bedenke, dass Gott alles sieht; dann wird er auch nicht eine Frau in schlechter Absicht sehen wollen. Die Gottesfurcht wird in dieser Sache auch durch das Schriftwort empfohlen: "Ein Mann mit lüsternem Blick ist dem Herrn ein Greuel."
  6. Wenn ihr also miteinander in der Kirche oder an einem anderen Ort mit Frauen zusammen seid, habt gegenseitig auf eure Reinheit acht! Gott, der in euch wohnt, wird euch auch darin durch euch selbst bewahren. Brüderliche Zurechtweisung
  7. Bemerkt ihr nun die Begierlichkeit des Blickes, von der ich spreche, an einem von euch, dann ermahnt ihn sogleich, sein Vorhaben nicht weiter zu verfolgen, sondern sich von seinem Nächsten bessern zu lassen!
  8. Wenn ihr ihn aber nach der Ermahnung oder an einem anderen Tag beim gleichen Tun seht, dann soll ihn, wer ihn dabei antrifft, anzeigen; denn er ist verwundet und muss geheilt werden. Zuerst aber soll man noch einen Zweiten und Dritten darauf aufmerksam machen, damit er durch zwei oder drei Zeugen überführt und mit der entsprechenden Strenge bestraft werden kann. Glaubt nicht, böswillig zu sein, wenn ihr so etwas anzeigt! Ihr werdet vielmehr schuldig, wenn ihr eure Mitbrüder, die ihr durch eine Anzeige bessern könnt, durch euer Schweigen ins Verderben stürzen lasst. Wenn dein Bruder eine Wunde am Körper hat, die er verbergen will, weil er die ärztliche Behandlung fürchtet, ist es da nicht grausam von dir, zu schweigen, und barmherzig, es anzuzeigen? Um wie viel mehr also mußt du es bei einem solchen Menschen tun, damit sich nicht eine viel schlimmere Fäulnis in seinem Herzen bildet?
  9. Bevor man es aber anderen mitteilt, die ihn überführen sollen, falls er es abstreitet, muß man es zuerst dem Vorsteher anzeigen, falls sich der Betreffende nach der Ermahnung nicht bessern will. So ist es vielleicht möglich, ihn geheim zurechtzuweisen und es den anderen nicht bekannt zu machen. Leugnet er aber, dann muss man die anderen hinzuziehen, damit er vor allen nicht nur von einem einzigen Zeugen beschuldigt, sondern von zweien oder dreien überführt werden kann. Ist er aber überführt, dann muss er nach dem Urteil des Vorstehers oder des Presbyters, in dessen Zuständigkeitsbereich ihr gehört, eine Strafe zur Besserung auf sich nehmen. Lehnt er auch das ab, so ist er, auch wenn er nicht selbst geht, aus der Gemeinschaft auszuschließen. Auch das ist nicht Grausamkeit, sondern Erbarmen; denn er könnte sonst viele anstecken und ins Verderben stürzen.
  10. Was ich hier im Falle des lüsternen Blickes gesagt habe, soll auch in den übrigen Fällen für Beobachtung, Abwehr, Anzeige, überführung und Bestrafung von Vergehen sorgfältig befolgt werden, mit Liebe zu den Menschen, aber mit Hass gegen die Sünde.
  11. Ist einer aber im Bösen bereits so weit gegangen, von einer Frau heimlich Briefe oder kleine Geschenke anzunehmen, dann soll man ihn, wenn er es frei eingesteht, schonend behandeln und für ihn beten. Wird er aber dabei ertappt und überführt, dann werde er nach dem Urteil des Presbyters oder Vorstehers zu seiner Besserung streng bestraft.

V. GEMEINSCHAFT IN BESITZ UND ARBEIT

  1. Eure Kleider sollt ihr gemeinsam besitzen, und zwar unter der Aufsicht von einem oder zwei Verwaltern oder von so vielen, wie nötig sind, um sie auszuklopfen, damit sie nicht von den Motten zerfressen werden. Wie ihr eure Nahrung aus einer gemeinsamen Vorratskammer bekommt, so sollt ihr auch eure Kleidung aus der gemeinsamen Kleiderkammer beziehen. Nach Möglichkeit soll es nicht eure Sache sein, was man euch der Jahreszeit entsprechend zum Anziehen gibt; ob jeder von euch wieder das bekommt, was er abgelegt hat, oder etwas, das ein anderer getragen hat. Doch soll keinem verweigert werden, was er braucht. Kommt es aber deswegen unter euch zu Streit und Unmut, wenn sich einer beklagt, er habe etwas Schlechteres als vorher erhalten, und es sei seiner unwürdig, das anzuziehen, was ein anderer Mitbruder getragen hat, dann habt ihr den Beweis, wieviel euch von jenem inneren heiligen Kleid des Herzens fehlt, wenn ihr um die Kleidung des Körpers streitet. Wenn man eurer Schwachheit schon dadurch entgegenkommt, dass ihr wieder bekommt, was ihr abgelegt habt, dann verwahrt wenigstens die abgelegte Kleidung an einem einzigen Ort unter gemeinsamer Aufsicht.
  2. Keiner soll etwas für sich selbst erarbeiten, sondern all euer Arbeiten geschehe gemeinsam und dadurch mit größerem Eifer und mehr Lust, als wenn jeder für sich selbst arbeitet - Liebe nämlich, von der geschrieben steht: "Sie sucht nicht den eigenen Vorteil" besagt: das Gemeinsame über das Eigene, nicht das Eigene über das Gemeinsame stellen. Ihr seid also umso weiter vorangekommen, je mehr ihr um die gemeinsame Sache bemüht seid, statt um eure privaten Interessen. So wird in allem, was wir zu diesem vergänglichen Leben nötig haben, das herausragen, was ewig bleibt: die Liebe.
  3. Wenn jemand seinen Söhnen oder Angehörigen im Kloster etwas zukommen lässt, sei es Kleidung oder sonst etwas Notwendiges, soll das deshalb nicht geheim angenommen werden. Es ist vielmehr Gut der Gemeinschaft, und es steht in der Macht des Vorstehers, es dem zu geben, der es braucht.
  4. Eure Kleidung soll nach dem Entscheid des Vorstehers gewaschen werden, entweder von euch selbst oder von Wäschern, damit nicht ein übertriebenes Verlangen nach einem sauberen Gewand eure Seele im Innern beschmutze. Sorge für die Kranken.
  5. Ein Bad für den Leib ist keineswegs abzulehnen, wenn die schwache Gesundheit es erfordert. Es geschehe aber ohne Murren nach den Weisungen der Heilkunde auf Befehl des Vorstehers alles, was für die Gesundheit erforderlich ist, selbst gegen den Willen des Betroffenen. Verlangt dieser etwas, obwohl es ihm nicht zuträglich ist, dann soll man seinem Begehren nicht entsprechen. Manchmal glaubt man nämlich, das Angenehme sei auch nützlich, während es tatsächlich schadet.
  6. Bei inneren Krankheiten soll man einem Diener Gottes ohne Zweifel Glauben schenken, wenn er seine Schmerzen beschreibt. Wenn aber nicht klar ist, ob zur Heilung des Leidens etwas Angenehmes auch nützt, ist ein Arzt zu konsultieren.
  7. Ins Bad oder anderswohin soll man mindestens zu zweit oder zu dritt gehen. Wer weggehen muss, soll nicht mit denen gehen, mit denen er selbst will, sondern mit wem der Vorsteher ihn sendet.
  8. Die Sorge für die Kranken, Genesenden, Schwächlichen und Leidenden, auch wenn sie kein Fieber haben, soll einem Mitbruder übertragen werden. Dieser soll aus der Vorratskammer erbitten, was nach seinem Ermessen ein jeder braucht. Verwaltung des gemeinsamen Gutes.
  9. Wer für die Vorratskammer, die Kleidung oder die Bücher verantwortlich ist, soll ohne Murren den Brüdern dienen.
  10. Bücher soll man täglich zu festgesetzter Stunde verlangen; wer außerhalb dieser Zeit danach verlangt, soll nichts bekommen.
  11. Die Ausgabe von Kleidung und Schuhen soll aber von denen, die mit ihrer Verwahrung betraut sind, nicht aufgeschoben werden, wenn jemand sie notwendig braucht.

VI. BITTE UM VERZEIHUNG UND VERGEBUNG BEI BELEIDIGUNG

  1. Streit sollt ihr entweder gar nicht haben, oder ihn wenigstens möglichst schnell beilegen. Sonst wächst der Zorn zum Hass und macht aus dem Splitter einen Balken und die Seele zur Mörderin; denn so lest ihr: "Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder".
  2. Wer durch ein Schimpfwort, eine üble Nachrede oder durch den Vorwurf eines Vergehens einen anderen verletzt hat, suche möglichst schnell wiedergutzumachen und zu heilen, was er angerichtet hat. Wer verletzt wurde, verzeihe ohne lange Verhandlungen. Haben sie sich aber gegenseitig beleidigt, so müssen sie einander ihre Schuld vergeben im Hinblick auf euer Beten, das gerade, weil ihr häufig betet, umso vollkommener sein soll. Besser aber ist einer, der oft zum Zorn versucht ist, aber schnell bereit ist, jemanden um Verzeihung zu bitten, wenn er erkennt, dass er ihm Unrecht getan hat, als einer, der schwerer in Zorn gerät, aber auch schwerer dazu zu bewegen ist, um Verzeihung zu bitten. Wer aber nie um Verzeihung bitten will oder nicht ehrlichen Herzens darum bittet, der ist ohne Berechtigung im Kloster, selbst wenn man ihn nicht ausstößt. Hütet euch also vor zu harten Worten! Sind sie aber einmal aus eurem Mund gekommen, dann bringt auch bald Worte der Heilung aus demselben Mund, der die Wunden geschlagen hat!
  3. Wenn aber die Sorge um die Disziplin euch zwingt, harte Worte zu sprechen, um die Jüngeren in Schranken zu halten, dann braucht ihr sie nicht um Verzeihung bitten, selbst wenn ihr fühlt, dabei das rechte Maß überschritten zu haben. Sonst würde bei den Untergebenen durch eine allzu große Demut die Führungsautorität zerstört. Doch müsst ihr den Herrn aller um Vergebung bitten, der weiß, mit welchem Wohlwollen ihr die liebt, die ihr vielleicht über Gebühr zurechtweist. Die Liebe unter euch soll aber nicht vom Fleisch, sondern vom Geist bestimmt sein.

VII. GEHORSAM GEGEN DIE OBEREN UND DIENST DES VORSTEHERS

  1. Dem Vorsteher soll man wie einem Vater in Ehrerbietung gehorchen, um nicht in ihm Gott zu beleidigen; vielmehr noch dem Presbyter, der für euch alle Sorge trägt.
  2. Sache des Vorstehers ist es, besonders darauf zu achten, dass all diese Vorschriften befolgt werden. Sollte etwas nicht befolgt werden, so sorge er, dass man das nicht leichtfertig übergehe, sondern gründlich bessere. Was aber über seinen Bereich und seine Kräfte hinausgeht, soll er dem Presbyter vorlegen, der bei euch die höhere Autorität besitzt.
  3. Euer Vorsteher soll sich nicht deshalb glücklich schätzen, weil er kraft seines Amtes gebieten, sondern weil er in Liebe dienen kann. In der Stellung in eurer Gemeinschaft stehe er über euch, in der Ehrfurcht vor Gott liege er euch zu Füßen. In allem soll er selbst ein Beispiel guter Werke geben, die Unruhigen zurechtweisen, die Verzagten trösten, sich der Schwachen annehmen, mit allen Geduld haben. Gerne sei er auf Ordnung und Ehrfurcht bedacht. Obwohl beides notwendig ist, strebe er mehr danach, von euch geliebt als gefürchtet zu werden. Er sei sich immer bewusst, dass er vor Gott einst über euch Rechenschaft ablegen muß.
  4. Habt deshalb nicht nur füreinander Verständnis, sondern habt es auch für ihn durch mehr Gehorsamsbereitschaft; denn je höher bei euch jemand steht, umso größer ist die Gefahr, in der er schwebt.

VIII. BEOBACHTUNG DER REGEL

  1. Gebe es der Herr, dass ihr dies alles in Liebe beobachtet, als Liebhaber geistlicher Schönheit, als Wohlgeruch Christi, voll Eifer in rechtschaffenem Leben, nicht wie Sklaven unter dem Gesetz, sondern als Freie unter der Gnade.
  2. Damit ihr euch aber in diesem Büchlein wie in einem Spiegel betrachten könnt und nichts aus Vergesslichkeit vernachlässigt, soll es euch einmal wöchentlich vorgelesen werden. Wenn ihr dann findet, dass ihr das tut, was hier geschrieben steht, dann dankt Gott, dem Geber alles Guten! Wenn aber jemand von euch noch Fehler an sich bemerkt, dann bereue er das Vergangene, nehme sich für die Zukunft in acht und bete, dass ihm die Schuld vergeben und er nicht in Versuchung geführt werde.

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